Die Welt -Irrglaube

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Ein Kommentar zu diesem Unsinn von Jürgen Lösche

In „Der Welt“ erschien dieser Kommentar „Die schändliche Friedenspropaganda der Sahra Wagenknecht“. Der Autor Thomas Schmid (Ex-Chefredakteur der „Welt“) spricht sich hier gegen die These aus, dass dieser Krieg am Verhandlungstisch beendet werden muss. Er bezieht sich dabei auf das Ende des 2.Weltkrieges, wo Deutschland ja mit Waffengewalt zur bedingungslosen Kapitulation gezwungen wurde. Putin bezeichnet er als „Gewaltherrscher“, dem mit Verhandlungen oder Kompromissen nicht beizukommen ist und der nur „gewaltsam gestoppt werden“ kann. Mir drängt sich die Frage auf, ob dieser Journalist eigentlich weiß, was er da schreibt. Er spricht sich für einen 3.Weltkrieg aus! Denn mittlerweile müsste auch bei ihm angekommen sein, dass die Ukraine Russland militärisch nicht besiegen kann.
Der immer wieder angebrachte Vergleich mit dem 2. Weltkrieg hinkt aus verschiedenen Gründen. Damals wurde spätesten auf der Konferenz in Casablanca 1943 die bedingungslose Kapitulation Deutschlands als Kriegsziel festgelegt. Ebenfalls 1943 (Konferenz in Teheran) wurde die Besetzung Deutschlands beschlossen. Kein Mensch, der einigermaßen mit Vernunft ausgestattet ist, kann diese Option bezüglich Russlands ins Auge fassen. Ein weiterer und sehr entscheidender Unterschied ist, dass sich damals noch keine Nuklearmächte gegenüberstanden, die mit einem Knopfdruck die Welt, wie wir sie kennen, auslöschen können.
Durch den ganzen Text zieht sich das „Narrativ“, mit Putin kann man nicht verhandeln, weil er „Kompromisse ablehne“ und Vereinbarungen nicht einhalte. Kein Wort darüber, dass die Nato im Dezember 21 Verhandlungen ablehnte und im April 22 einen Kompromiss (Verhandlungen in Istanbul) verhindert hat. Kein Wort über die Vereinbarungen von Minsk, die (wie Frau Merkel bemerkte) nur dazu dienten, der Ukraine Zeit zu geben, um aufzurüsten. Kommt dem Autor dieses Kommentars nie in den Sinn, sich zumindest einmal in die „Lage und Gedankenwelt des Feindes“ hineinzuversetzen?
Besonders schändlich ist es, vom sicheren Sessel in Deutschland die Ukrainer zum weiterkämpfen aufzufordern, weil es „moralisch und geopolitisch geboten ist“. Diese Aussage ist typisch für „Gesinnungsethiker aus der 68er – Generation und Gründungsväter der Grünen“ die sich schon immer auf der moralisch richtigen Seite wähnten. In die „Niederungen der Verantwortungsethik“ haben sie sich nie begeben. Es gab allerdings in diesem Kreis auch Ausnahmen. Ich denke hier besonders an Antje Vollmer, die sich für ein friedliches Zusammenleben der Völker einsetzte, aber leider verstorben ist. Wie wäre sie wohl mit dem Begriff „schändliche Friedenspropaganda“ umgegangen? Solche Begriffe hätte ich noch vor ein paar Jahren in die Zeit vor dem 1.Weltkrieg verortet. Sind wir schon wieder soweit, dass wir in einen Krieg „schlafwandeln“?
Dieser Kommentar zeigt, wie wichtig es ist, sich für eine Verhandlungslösung und ein Schweigen der Waffen einzusetzen. Weil ich eben nicht möchte, dass die Ukraine kapituliert und Russland triumphiert. Besonders die Menschen in der Ukraine brauchen Frieden. Es gibt aber auch kleine Hoffnungszeichen. Die Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine sind in Katar wieder aufgenommen worden. Was wird wohl der Kommentator Thomas Schmid dazu sagen?

 

 


Wer ist Schmid?

Thomas Schmid nahm in seinen Zwanzigern an der Studentenbewegung in Frankfurt teil, was ihn später gegenüber Heilslehren misstrauisch machte. Und ihn die Bürgerfreiheit schätzen lehrte. Lektor, freier Autor, Journalist. Zuletzt in Berlin Chefredakteur und dann Herausgeber der „Welt“-Gruppe. In diesem Blog veröffentlicht er regelmäßig Kommentare, Essays, Besprechungen neuer, älterer und sehr alter Bücher, Nachrufe und nicht zuletzt Beobachtungen über den gemeinen Alltag.